ERINNERUNGSKULTUREN
UND BILDUNG

ein Schwerpunkt der Abteilung Allgemeine Erziehungswissenschaft an der Universität Hildesheim

Schwerpunkt

Wer erinnert sich an was, mit welchen Praktiken, von wem verantwortet und wo geschieht dies? Wenn es sich dabei um öffentliche Formen der Erinnerung handelt, wird von Erinnerungskultur gesprochen. Bei diesen geht es immer auch um die Anerkennung von Unrecht und Leid angesichts der Zerstörung von Leben durch extreme Formen von Gewalt.

In der Abteilung Allgemeine Erziehungswissenschaft gibt es seit einigen Jahren einen Forschungsschwerpunkt, der sich mit diesen Fragen bezogen auf den Holocaust befasst. Er umfasst Tagungen, Publikationen (Baader/Freytag 2015), DFG-geförderte Forschungsprojekte (Baader/Hiemesch 2020), Dissertationen (Hiemesch 2017), Abschlussarbeiten (z.B. Napp 2019) und Kooperationen mit Gedenkstätten.

Der erinnerungskulturelle Diskurs über den Holocaust hat in den letzten Jahren vor dem Hintergrund gesellschaftspolitischer Veränderungen an enormer Bedeutung gewonnen. So sind die Diskurse um Erinnerungskulturen vermehrt mit aktuellen Herausforderungen und Problemlagen konfrontiert, wozu die Frage nach zeitgemäßen Formen der Vermittlung gehört, aber auch eine Zuspitzung der Auseinandersetzungen angesichts von wachsendem Rechtspopulismus, Rassismen und Antisemitismus. Erziehungswissenschaftliche Perspektiven sind für diese Fragen bedeutsam und weiterführend, weil sie sich mit den Wissensproduktionen und deren Effekten in verschiedenen Themenfeldern, mit Zugängen der Intersektionalität, der Autoritarismusforschung, der Geschlechterforschung, der Thematisierung von Generationenverhältnissen oder auch der Neuvermessung der politischen Bildung auseinandersetzen. Diesen Fokus realisiert der Schwerpunkt durch seine diversen Lehrveranstaltungen, Forschungen, Projekte und Kooperationen mit anderen Bildungsinstitutionen und setzt sich dabei insbesondere mit den relevanten bildungsbezogenen Fragen von Erinnerungskultur auseinander. Dabei geht es auch um die Spannungsfelder zwischen der Erforschung von und dem Gedenken an die nationalsozialistischen Verbrechen und der historisch-politischen Bildung.    

Wie kann Gedenken und Erinnern mit zunehmendem Abstand zum historischen Ereignis praktiziert und vermittelt werden? Welche Formen kann Erinnerung annehmen, wenn diese immer weniger auf Zeitzeug*innnenschaft und damit auf „Authentizität“ setzen kann und sich vermehrt mit dem Faktum eines leerlaufenden Erinnerungsimperativs auseinandersetzen muss? Welchen Herausforderungen sind Erinnerungskulturen unter den Bedingungen von migrationsgesellschaftlichen Verhältnissen ausgesetzt? Wie kann mit Jugendlichen zeitgemäß und partizipativ zu erinnerungskulturellen Fragen gearbeitet werden?

Bedeutsam werden in diesem Zusammenhang Aspekte von Generationenverhältnissen, der familialen Tradierungen, der genderreflektierten Gedenkstättenpädagogik, des Umgangs mit Emotionen, der künstlerischen Repräsentationen von Erinnerung sowie die Instrumentalisierung von Erinnerung. Der Schwerpunkt „Erinnerungskulturen und Bildung“ ist im Rahmen des BA- und des MA-Studiengangs Erziehungswissenschaft angesiedelt und vermittelt Expertisen und Handlungskompetenzen um, die pädagogischen und bildungspolitischen Dimensionen des Themas zu reflektieren, zu erforschen und zu gestalten. Er qualifiziert für eine Spezialisierung im Tätigkeitsfeld der Gedenkstättenpädagogik, der rassismuskritischen Bildungsarbeit, der politischen Bildung und der Civic Education.

Themenfelder

Der Schwerpunkt Erinnerungskulturen und Bildung befasst sich auf unterschiedlichen Ebenen mit den verschiedenen Perspektiven auf aktuelle, erinnerungskulturelle Themenfelder, welche untenstehend zusammengefasst sind.

Mit zunehmendem Abstand zu historischen Ereignissen und damit verbundenen gesellschaftlichen Pluralisierungstendenzen steht die historisch-politische Bildung vor einer Vielzahl von Herausforderungen, denen sie sich mit unterschiedlichen Ansätzen annähert. Mit der Frage nach einer angemessenen Vermittlung von „unannehmbarer Geschichte“ (Kertész) sind etliche weitere Spannungsfelder und Fragen verknüpft, mit denen sich die Akteur*innen von Erinnerungskulturen konfrontiert sehen: Welchen Platz wird Zeitzeug*innenschaft in zukünftigen erinnerungskulturellen Praxen einnehmen? In welcher Weise werden universelle Werte heute kulturell verbreitet (Brumlik)? Welchen Stellenwert wird universalen und partikularen Vereinnahmungen in der Erinnerungsarbeit zugewiesen (Sznaider)? Inwiefern spielen Emotionen und Affekte eine tragende Rolle an den Orten der historischen Vermittlung (Heyl)? Inwiefern setzen sich bildungspolitischen Konzepte auf Grundlage einer rassismuskritischen Perspektive mit den Einflüssen unserer Migrationsgesellschaft auseinander (Messerschmidt)? Welche neuen Formen des Erinnerns werden gewählt, um den Übergang vom kommunikativen zum kulturellen Gedächtnis zu gestalten (A. Assmann)?

Im Fokus stehen nicht nur die Adressat*innen der Bildungsangebote (was erwarten sie, was bleibt ihnen in Erinnerung, was haben sie gelernt), v.a. geht es um die Erforschung der Interaktionen im Vermittlungsgeschehen vor Ort, wie sie sich beispielsweise in Aneignungserwartungen und Effektannahmen auftun (Aufmerksamkeit, Moralisierung, Vereindeutigung, Demokratieerziehung, Erinnerungsauftrag). Wie sind die sozialen Konstellationen und Praxis vor Ort (Teilnehmer*innen, Gedenkstättenpädagog*innen, Lehrer*innen, Sozial*arbeiterinnen etc.)., wie wird die Besonderheit des Ortes gemeinsam diskursiv erzeugt. Welche didaktischen Entscheidungen spielen eine Rolle?

kulturelle Artefakte, historische Orte, Gedenkstätten als symbolische Träger des kulturellen Gedächtnisses :
Welche Erfahrungen, Anweisungen und Disziplinierungen gehen von der Aufbereitung des Ortes aus? (Re-Memorisierungsprozesse, Identifikation, Versicherungssysteme, Erlebnisverstärkung, Exklusivität und Identität)
Erinnerung im Spannungsfeld von Ausdeutung und Instrumentalisierung

  • Traumatische Orte versperren sich affirmativen Sinnbildung
  • wer hat die Deutungshoheit?
  • Spannungsfeld von Authentizität und Inszenierung
  • Deckerinnerung und Uneinheitlichkeit
Wie lassen sich historische Ereignisse rekontruieren und vor dem Hintergrund gegenwärtiger gesellschaftlicher Kontroversen reflektieren? Welche Möglichkeiten eröffnen sich durch welche Forschungsmethoden? An welche Grenzen stoßen sie? Wie können sie weiterentwickelt werden? Diese Fragen bearbeiten wir an unserem Schwerpunkt u.a. anhand der Artefaktanalyse, der Biographieforschung, der Diskursanalyse, der Dokumenten- und Aktenanalyse sowie der Bild- und Foto- und Kinderzeichnungsanalyse. Wie können diese und andere Methoden in der Bildungsarbeit genutzt werden? Wie können (junge) Menschen einen Zugang zum historischen Geschehen bekommen und so eigene kritische Positionen zu Gegenwart und Zukunft entwickeln (bspw. durch den Einbezug von Gegenständen, Kunst, Dokumenten und Lebensgeschichten)? Wie lässt sich diese Bildungsarbeit selbst erforschen, um sie aktuellen und zukünftigen Herausforderungen entsprechend weiterentwickeln zu können? (bspw. Teilnehmende Beobachtung, Interview- und Fragebogenerhebungen).
  • Bildunggeschichte und Erinnerungskulturen
  • Bildungsgeschichte, Nationalsozialismus, Holocaust und Erinnerungskulturen
  • Bildungsgeschichte, DDR und Erinnerungskulturen
  • Bildungsgeschichte, Gewaltgeschichte und Erinnerungskulturen
  • Geschlecht und Erinnerungskulturen
  • Kindheit und Erinnerungskulturen
  • Erziehung, Bildung und Widerstand in Erinnerungskulturen
  • Disziplingeschichte und Erinnerungskulturen
  • Konstruktion von Narrativen: Welche Geschichten werden erzählt?
  • Bildungsgeschichtliche Quellen

Forschung

Durch den Schwerpunkt Erinnerungskulturen und Bildung werden unterschiedliche erinnerungskulturelle Themenfelder auf vielfältige Weise beforscht. Hiervon finden Sie einige unserer Beispiele aus Forschung und Lehre, welche unter den Punkten Forschungsprojekte, Publikationen und  Seminarbeiträge aufgelistet sind.

Seminarbeiträge

Kooperationen

Durch den jahrelangen Austausch mit  außeruniversitären Personen und Institutionen ist ein Netzwerk von Kooperationspartner*innen entstanden, mit denen der Schwerpunkt auf unterschiedliche Weise zusammenarbeitet.

Kontakt

Zu dem Schwerpunkt Erinnerungskulturen und Bildung gehören aktuell folgende Mitglieder:

  • Prof. Dr. Meike Sophia Baader
  • Dr. Tatjana Freytag
  • Dr. Wiebke Hiemesch
  • Aljoscha Napp (MA)

Unter ekub@uni-hildesheim.de können Sie alle Mitglieder unter der gemeinsamen Emailadresse erreichen.

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2019 collection

Let’s face it, no look is really complete without the right finishes. Not to the best of standards, anyway (just tellin’ it like it is, babe). Upgrading your shoe game. Platforms, stilettos, wedges, mules, boots—stretch those legs next time you head out, then rock sliders, sneakers, and flats when it’s time to chill.